Der Reiz des Angelns – immer anders als man denkt

von Teamer Marcus

Zum Jahresende kommen wir zur Ruhe, lassen das gelaufene Jahr passieren, schauen in Foto-Ordnern herum, schwelgen in Erinnerungen und tauschen uns mit Freunden aus. Mir kamen dieser Tage viele Gedanken in den Kopf, die sich darum drehen, was das Angeln in unserer heutigen Zeit eigentlich ausmacht. Hier das Ergebnis:

Was ist es eigentlich genau, was den besonderen Reiz des Angelns ausmacht? Ist es die Natur? Ist es die Ruhe, das Abschalten? Sind es die kleinen Geschichten am Wasser? Oder einfach nur der gefangene Fisch? Ich meine, dass es viele Dinge gibt, die den ganz besonderen Reiz des Angelns ausmachen, unter anderem natürlich auch die Befriedigung des Sammeltriebs. Ihr kennt das sicher, die vielen filigranen Köder, Haken und Glitzerteilchen, die ordentlich sortiert in den Sammelboxen auf den nächsten Einsatz im Wasser warten. Aber der Reihe nach.

Allein oder Gemeinsam?

Christian mit dem Fisch seines Lebens (10 Pfund Meerforelle) – gefreut haben sich alle, ein tolles Erlebnis

Auch die Möglichkeit, das Angeln gemeinsam mit Freunden auszuüben stellt einen besonderen Reiz des Angelsports dar. Gemeinsam Erlebtes ist doppelt Erlebtes. Ein tolles Beispiel war der Meeresangelausflug an die Ostsee mit einem Freund, der rund 450 Km anreisen musste. Christian war zum zweiten Mal dabei und fing schon am ersten Tag den Fisch seines Lebens. Guide Maik und ich bombardierten den „Neuling“ mit Tipps und gut gemeinten Ratschlägen. Unbeirrt zog er seinen Stiefel durch, angelte mit augenscheinlich zu leichten Ködern, warf zu kurze Distanzen an….. und fing, entgegen aller Regel und Erfahrung, die 10-Pfund Meerforelle. Der Guide und ich gingen zwar leer aus, das Erlebte machte uns aber alle reicher. Wir freuten uns alle gemeinsam über das Glück, den tollen Fang und ein paar wunderbare Tage am Wasser der Ostsee. Also, ran ans Wasser, Abenteuer pur, Erlebnisse teilen und gemeinsam fischen.

Regeneration und Aktivität

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Manchem reicht Natur, andere wollen unbedingt auch Fisch.

Ganz sicher sind viele von uns am Wasser, um mal wieder zur Ruhe zu kommen. Der Alltag in unseren schnelllebigen Zeiten lässt uns kaum Zeit, um zu entspannen. Immer gibt es etwas zu tun – whatsapp & soziale Netzwerke tragen ihr Übriges dazu bei. Immer erreichbar sein, immer reagieren müssen, jede Nachricht fix beantworten oder hier ein Foto posten und dort etwas kommentieren – ohne, dass wir es sofort merken, sind wir drin in der „Stress“-Falle. Der Job fordert, die Familie fordert. Der Mensch ist nicht dafür geschaffen, nur zu arbeiten und zu leisten. Warum gibt es zunehmende Ausfälle in diesen Bereichen durch das sog. „Burn-Out“-Syndrom? Richtig: Der Mensch macht und macht, er gönnt sich keine Ruhe oder Pause. Die Lösung ist so einfach wie plausibel, denn jedes belastbare System braucht Ruhe, um zu regenerieren und im Anschluss wieder belastbar oder sogar belastbarer zu sein. Pause und Entspannung bedeutet also immer auch Leistungssteigerung. So auch der Mensch: Wo geht das besser als beim Angeln? Ihr könnt Mountainbiken, Laufen, Yogakurse besuchen, Schwimmen usw. – alles tut der Gesundheit gut und eignet sich hervorragend für die angesprochenen Zwecke, aber Angeln ist Angeln. Der Wechsel von Anspannung und Entspannung macht den Unterschied, denn auf der Pirsch zum Fisch vergessen wir alles andere. Habt ihr schon mal auf die Uhr geschaut, wenn ihr angelt? Die Zeit vergeht so schnell, 4 oder 5 Stunden angeln nehmen wir gar nicht in solch einem Zeitrahmen wahr. Immer heißt es: „Ach, so spät schon?“. Diese 5 Stunden bedeuten Abschalten, frische Luft, Bewegung und Erleben – einfach toll. Mittlerweile gehört Angeln aber definitiv zum Outdoorsportkanon dazu (nicht nur beispielsweise klassische Outdoorsportarten wie Drachenfliegen, Klettern oder Mountainbiken), zu vielseitig sind die Möglichkeiten (Spinnfischen am Meer, Kanufahren und angeln, mit dem Rad ans Wasser, Wasserwandern am Fluss u.v.m.) und die Möglichkeiten, Bewegung, Naturerlebnis und Angeln zu kombinieren. Also, ran ans Wasser, da wartet was auf euch.

Fisch oder kein Fisch?

Fisch im Fokus oder egal?

Wie wichtig ist eigentlich das eigentliche Ziel des Angelns – der gefangene Fisch? Gehört er unwiederbringlich dazu oder ist er mittlerweile eine schöne, nicht zwingend notwendige Randerscheinung des Angelns? Viele Angler behaupten, dass das Fangen eines Fisches eher sekundär ist. Im Vordergrund steht die Aktion an der frischen Luft, der Ausflug in die Natur – denn es gibt immer etwas Besonderes zu sehen oder zu erleben, egal, ob ein Fisch beißt oder nicht. Auf der anderen Seite kenne ich die Schneidertage aus eigener Erfahrung gut und weiß auch um den Frust, der sich nach dem dritten Schneidertag aufbaut. Natürlich kommt das nicht so oft vor, aber an diesen Tagen ist „Kein Fisch“ nicht wirklich egal. Aber das ist ganz sicher eine Frage der persönlichen Einstellung und dem eigenen Anspruchsdenken. Bei der filmischen Begleitung eines Wallerteams zum Beispiel wollten 2 Tage lang keine Fische beißen, also kam kein Filmmaterial auf die Speicherkarten. Wir haben die Situation so genommen, wie sie war – die Fische wollten eben nicht. Wir standen aber auch nicht unter Erfolgsdruck, wie so mancher „Profiangler“, der dann einem toten, gekauften Fisch vor der Kamera Leben einhaucht. Die Schelte in der Angelszene war dann sicher viel heftiger, als das Gefühl des Misserfolges am Wasser. So ist das und es gehört zum Angeln unweigerlich dazu, mit Misserfolg umgehen zu lernen. Dies halte ich in unserer Zeit, in der alles am Erfolg gemessen wird, für äußerst wichtig. Ganz besonders für die Kleinsten. Wer mit Misserfolg umgehen kann, kann sich dann auch über kleine Dinge freuen. Und, mal ganz ehrlich, was wäre denn Angeln, wenn immer wie gewünscht ein Fisch den Weg an unseren Haken finden würde. Eigentlich langweilig, oder?

Zielfisch oder anderer Fisch?

Überraschung am Wasser – 47er Schleie am Hechtwobbler

Eine andere sehr reizvolle Seite des Angeln ist sicher das Fangen eines Fisches. Wenn der Fisch dann noch nicht einmal der Zielfisch ist und die Wahl des Köders nicht für diesen gedacht war, ist die Überraschung groß und das Erlebte prägt. Beispiele gibt es viele: Der Karpfenangler, der auf ein einzelnes Maiskorn einen kapitalen Hecht fängt, die Raubfischangler, die eine kapitale Schleie oder Barbe auf einen klassischen Raubfischköder fangen sprechen für sich. Ich selbst wurde schon vielfach überrascht. Eine der tollsten Geschichten war sicherlich der Meterhecht aus einem kleinen Flüsschen, der auf einen 3cm Miniwobbler gebissen hatte. Völlig unerwartet hingen da plötzlich rund 8 Kilo Hecht an der 0.20mm monofilen Angelschnur ohne Stahlvorfach und verlangten sowohl mir, als auch dem Gerät für 20 Minuten alles ab. Mit ein wenig Glück ging alles gut und der Fisch konnte sicher angelandet werden. Wahnsinn, das ist mittlerweile 4 Jahre her und trotzdem so präsent, als hätte ich es gestern erst erlebt. Seid also gespannt am Wasser, jeder Angeltag hat eine Überraschung für euch parat.

Mit Smartphone & Kamera oder ohne?

Den Fisch des Lebens mit der Welt teilen, heute ganz normal. Andere machen alle Technik aus und sind nur beim Fischen.

Hier scheiden sich bestimmt die Geister. Versuche ich ganz zur Ruhe zu kommen – dann schalte ich das Smartphone sicher aus, lasse die Kamera zu Haus. Nichts ist nerviger, als wenn ständig ein Vibrieren von ankommenden Nachrichten in der Tasche zu spüren ist oder man sich nicht auf Fisch & Spot konzentrieren kann, weil man überlegt, welche Aufnahme bei welchem Licht wo und wie möglich ist. Möchte ich andere teilhaben lassen, ist es natürlich anders. Fix ein Foto des Spots oder des gefangenen Fisches für die Facebookgruppe und schon sind wir wieder dabei, andere an unserem Ausflug teilhaben zu lassen. Erreichbarkeit kann auch ein Thema sein, denn ganz aus der Verantwortung von Alltag und Familie kann man sich als Angler ja doch nicht „herausdrehen“ – und passieren kann immer etwas, auch dort, wo nicht geangelt wird. Wenn man die oben genannten Punkte mit einbezieht, dann kommt sicherlich jeder zu einem anderen Schluss. Ich habe meist kein Smartphone am Mann, dafür aber immer eine Outdoorkamera. Und da habe ich eine ganz besondere Erfahrung gemacht: Viele beeindruckende Erlebnisse spielten sich vor meinen Augen ab und keine Kamera war startklar oder am Mann. Ob es die Fledermaus war, die mich beim Waten durch den Fluss langsam fliegend begleitete oder die rund einen Meter aus dem Wasser springenden Hechte beim Topwaterangeln, viele Erlebnisse sind gespeichert und passierten immer dann, wenn keine Kamera einsatzbereit war. Lag es daran, dass man beim Angeln viel konzentrierter sein muss, als bei anderen Sportarten oder ist es einfach Schicksal? Angeln oder fotografieren oder telefonieren? Eins geht nur, oder? In der Tat ist Beides oftmals schwer unter einen Hut zu bringen, wer schon einmal Filmaufnahmen und „Fisch fangen“ miteinander kombinieren wollte, weiß wovon die Rede ist. Die Festplatte „Gehirn“ ist zwar nicht digital, aber das Erlebte brennt sich förmlich in das Langzeitgedächtnis des Menschen ein und ist in der Regel sogar ein Leben lang abrufbar. Halbwertzeit Fehlanzeige, es sei denn die Altersdemenz setzt ein 😉

Wie sieht es bei euch aus?

Was macht für euch den Reiz des Angelns aus?

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